Alexander Ruhe: Das Frankfurter Bier Anfang des 19.Jahrhunderts. April 2015

Ein Artikel aus der Reihe: Frankfurter Zeitungs-Archäologie

 

Das Frankfurter Bier galt bis zum Ende des 18.Jahrhunderts als eines der besten Deutschlands, aber den Frankfurter Brauern gelang es nicht, diesen Standard zu halten.

Die Biere, die damals in Frankfurt gebraut wurden, waren  obergärige Weiß- und Braunbiere. Für den Brauprozess mussten in den Braustuben 15 – 20° C herrschen, im Hochsommer konnte also nicht gebraut werden, zumindest kein gutes Bier. Das besondere am Frankfurter Bier, war der „Frankfurter Satz“, spezielle, seit Ewigkeiten weitergegebene Hefen. Diese Hefen waren, ganz besonders im Sommer, nur kurz haltbar, so dass die Frankfurter Brauer, um ihren Schatz zu erhalten, auch den ganzen Sommer hindurch brauen mussten, nur der Hefen wegen, verkaufbar war dieses Bier kaum. Um die Kosten zu minimieren, braute im Sommer aber immer nur abwechselnd einer der Brauer. „ Durch die rachgierige Bosheit eines Bierknechtes“, der den Frankfurter Satz mutwillig ausschüttete und dann floh, gingen diese Frankfurter Hefen um 1790 herum verloren, das Bier wurde jetzt also schlechter und gleichzeitig hatte der Frankfurter Rat – 1794/95 hatte es furchtbare Missernten gegeben – die Steuern auf Braugerste stark erhöht, weshalb die Brauer die Menge des Gerstenmalzes, dass sie zum Bierbrauen verwandten jetzt um die Hälfte reduzierten und es, um den schwächeren Geschmack auszugleichen, stärker hopften, die gestiegenen Kosten einfach an die Trinker weiterzugeben hatte sich als schwierig erwiesen.

Dieses Dünnbier konnte mit dem seit einiger Zeit in Frankfurt professionell gekelterten Apfelwein nicht mehr konkurrieren. Viele Brauer wurden jetzt ebenfalls zu Apfelweinproduzenten und brauten nur noch nebenher. Wer es sich leisten konnte, trank englisches Porter-Flaschenbier, das allerdings 1 Gulden (Fl.) pro „Champagner-“Flasche (=½ Maß = vor 1803 0.9, danach 0.8 Liter) kostete, im Vergleich zu 5 – 7 Kreuzern (1 Fl.= 60 Kreuzer) pro Flasche für einheimisches Bier. Der große Frankfurter Bierreformer (und Weinhändler, Chemiker und Mechaniker, Gründungsmitglied der Senckenberg-Gesellschaft und Erfinder von –glücklicherweise nie gebauten - Massenvernichtungswaffen) H. Joseph Serviere (1764 - 1832) hatte zwar schon zu Zeiten von Napoleons Kontinentalsperre angefangen Porter-Bier auch in Frankfurt zu brauen, aber teuer war auch das.

 

Wegen des "im Vergleich zu anderen Getränken in hiesiger Stadt bis zur Unkenntlichkeit herabgesunkenen Verbrauchs des Biers" hatte zu Weihnachten 1827 die Stadt Frankfurt ins Braugewerbe mit einem Reinheitsgebot eingegriffen. Nur noch Malz von der Sommergerste, Hopfen und unbehandeltes Wasser durften zum Brauen verwendet werden, auch die Menge der zu benutzenden Gerste und des Hopfens waren festgelegt worden. Außerdem wurde das Brauen zwischen "Georgi und Michaelis" (23.April-29.Sept.) gänzlich verboten.

 

1825 war der erste Frankfurter Wirt auf die Idee gekommen, bayerisches (= fränkisches) Bier zu importieren und in seiner Wirtschaft in einem „Bier-Kolleg“ auszuschenken. Das schlug ein wie eine Bombe. Spätesten seit 1830 braute ein erster Frankfurter Brauer, Wilhelm Frei am Rechneigraben, auch in Frankfurt untergäriges bayerisches Bier, das wir heute als „Pils“ kennen und schon bald wurde in Frankfurt fast kein anderes Bier mehr gebraut und das Bier gewann gegenüber dem Apfelwein wieder an Terrain.

 

Einen anderen Artikel lesen